Statement

Veröffentlicht am 22. Oktober 2018

Die Kampagne LPT-Schließen verabschiedet sich

Im Sommer 2013 startete die Kampagne LPT-Schließen mit einem kraftvollen Demonstrationszug zum Hauptsitz des Tierversuchslabors LPT in Hamburg. Seitdem wurden hunderte unterschiedlicher Protestaktionen auf die Beine gestellt, die deutlich gemacht haben, dass Tierversuche nicht akzeptiert werden. Dennoch haben wir, die Kampagne LPT-Schließen, uns dazu entschlossen unsere Energie fortan auf andere Bereiche der Ausbeutung von Tieren zu fokussieren. Warum wir uns zu diesem Schritt entschlossen haben, möchten wir im Folgenden erläutern.

Wir haben die Kampagne LPT-Schließen vor dem Hintergrund mehrerer, bereits aktiver Kampagnen gegen Tierversuche gestartet. Es gab zu diesem Zeitpunkt bereits große Erfolge zu verzeichnen, etwa gegen zahlreiche Fluggesellschaften, die nach Protesten den Transport sogenannter Versuchstiere beendeten. Auch die erfolgreiche Kampagne gegen die italienische „Versuchshunde“-Zucht Green Hill, in deren Rahmen es zu Massendemonstrationen und einer offenen Befreiungsaktion kam, waren eine wichtige Motivation für die Kampagne LPT-Schließen. Das Ziel unserer Kampagne war es, als Teil dieser internationalen Bewegung gegen Tierversuche den Druck auf die unterschiedlichen Schaltstellen der Versuchsindustrie – also Labore, Zuchtunternehmen und Logistik – weiter zu erhöhen. Allerdings haben sich diese Rahmenbedingungen verändert: Viele internationale Kampagnen wurden eingestellt; die Tierbefreiungsbewegung hat sich zunehmend anderen Themenschwerpunkten gewidmet.

Rückblickend müssen wir zudem feststellen, dass eine von uns erhoffte Breitenwirkung der Kampagne ausgeblieben ist. Eine Schwierigkeit der Kampagne war sicherlich, dass es keine Undercover-Aufnahmen aus dem Labor gab. In anderen Fällen, wie bei Covance in Münster oder Huntingdon Life Sciences in England und den USA, haben Aufnahmen aus den Laboren dazu geführt, dass die Öffentlichkeit aufgerüttelt wurde und sich viele weitere Menschen den Protesten angeschlossen haben. Auch blieb die Kampagne LPT-Schließen im Wesentlichen lokal auf Hamburg begrenzt. Ein weiteres Problem ist, dass die Politik sich weiterhin sträubt gegen Tierversuche vorzugehen. Stattdessen verstecken sich Politiker/innen hinter gesetzlichen Vorgaben. Solange diese eingehalten werden, bleibt die Industrie unbehelligt, obwohl die Politik die Möglichkeit hätte eine Kehrtwende in der Forschung anzustoßen.

Trotz dieser Widrigkeiten haben wir gemeinsam viel erreicht. Zu Beginn der Kampagne hatten wir uns drei Hauptziele gesetzt: Unmittelbaren Druck auf LPT auszuüben, Tierbefreiungspositionen in die Öffentlichkeit und in die Bewegung gegen Tierversuche zu vermitteln, sowie aktivistische Strukturen gegen Tierausbeutung aufzubauen und zu stärken.
Den Druck hat LPT deutlich zu spüren bekommen! Das Unternehmen hat sich noch weiter von der Öffentlichkeit abgeschottet: der Homepagezugang wurde beschränkt, Zäune und Sichtbarrieren wurden installiert und verstärkt, die Kameraüberwachung intensiviert. Zur inhaltlichen Verteidigung hat das Unternehmen Propagandaplakate an den Zaun geheftet, die den Eindruck vermitteln sollten, LPT bekämpfe den Ebolavirus. Mit unserer umfangreichen Hintergrundbroschüre und der von uns initiierten Großen Anfrage an den Hamburger Senat konnten wir diese Darstellung korrigieren und LPT als Auftragslabor entlarven, das vor allem Giftigkeitsversuche für Pharma- und Chemiekonzerne durchführt. Ankettaktionen, Homedemos bei Firmenchef Leuschner, Proteste gegen Geschäftspartner/innen und nicht zuletzt die regelmäßigen Protestaktionen vor den Laboren haben LPT gehörig unter Druck gesetzt!
Es war uns immer ein wichtiges Anliegen, unsere Kritik an Tierversuchen in eine allgemeine Kritik an der Ausbeutung der Tiere einzubetten. So haben wir offen das Gespräch mit Tierversuchsgegner/innen gesucht, die sich bisher noch nicht mit anderen Formen der Gewalt an Tieren beschäftigt hatten. Unserer Einschätzung nach hatten wir damit Erfolg und konnten dazu beitragen, dass die Aktionen gegen Tierversuche in Hamburg Teil der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung sind. Die Kampagne hat zudem große mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Auch gegenüber der Presse haben wir stets unsere umfassende Kritik an der Tierausbeutung betont. Es wurde deutlich, dass wir nicht für eine bessere Behandlung der Tiere, sondern für ihre Befreiung und die Beendigung von Gewalt und Ausbeutung auf die Straße gehen.
Ein großer Erfolg war für uns darüber hinaus, dass sich im Kontext der Kampagne viele Menschen in und um Hamburg zusammengeschlossen haben, um selbstständig und mit einem beeindruckenden Engagement gegen LPT zu protestieren. Wir alle konnten durch die Kampagne viel lernen und die gewachsenen Strukturen der Hamburger Tierrechtsbewegung werden auch in Zukunft effektiv und schlagkräftig gemeinsam für die Befreiung der Tiere kämpfen! Nur schwer ließ sich allerdings die Neugrabener Bevölkerung mobilisieren. Einige Anwohner/innen stellten Protestschilder in ihre Gärten und es gab Unterstützung für unsere Proteste. Enttäuscht mussten wir jedoch zur Kenntnis nehmen, dass ein großer Teil der Anwohner/innen die Proteste gleichgültig zur Kenntnis nahm oder die Ruhe einer Nachbarschaft ohne Tierversuchslabor vorzog.

Insgesamt sind wir also zufrieden mit dem, was die Kampagne erreicht hat! Dennoch: Um den mörderischen Betrieb des Unternehmens zu beenden, hat all das leider (noch) nicht gereicht. Dazu sind eine stärkere Breitenwirkung, eine überregionale Mobilisierung und mehr ziviler Ungehorsam, mehr Unberechenbarkeit des Protests und ein effektiveres Angehen von Zulieferbetrieben nötig. Dies umzusetzen würde jedoch notwendigerweise zu Lasten anderer Projekte gehen. Wir halten es daher für strategisch klüger, diese Ressourcen zunächst in andere Bereiche unserer politischen Arbeit zu investieren. In den letzten Jahren hat die Diskussion über landwirtschaftliche Tierausbeutung zunehmende gesellschaftliche Relevanz erhalten. Auch große Teile der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung widmen sich vermehrt diesem Themenbereich. Auch wir sind der Ansicht, dass endlich die quantitativ umfangreichste Form der Tierausbeutung – die Produktion von Tierprodukten – noch offensiver bekämpft werden muss. Die aktuellen, kontrovers geführten Diskussionen über Ernährung, Klimawandel, sozial-ökologische Gerechtigkeit und den Stellenwert von Tieren in menschlichen Gesellschaften geben uns die Hoffnung, dass wir einen Wandel hin zur Befreiung der Tiere effektiv mitgestalten können. Eine Fokussierung auf die agrarindustrielle Ausbeutung von Tieren bietet zudem die Möglichkeit der Verknüpfung unterschiedlicher politischer Kämpfe. Tierbefreiung, Klimagerechtigkeit, globale Gerechtigkeit und Arbeitskämpfe – kurz: der Kampf gegen den Kapitalismus stehen an und wir sind motiviert, diesen Kampf mitzutragen.

Das Ende der Kampagne LPT-Schließen bedeutet also auf keinen Fall ein Ende unseres Engagements gegen Tierausbeutung. Wir werden weiterhin daran arbeiten, die kapitalistische Ausbeutung von Tieren, Menschen und Natur zu beenden! Es gibt weiterhin viele wichtige Kampagnen der Tierbefreiungsbewegung, an denen wir uns beteiligen. Wir freuen uns, dass wir die vielen Menschen, die sich für die Kampagne engagiert haben, bei anderen Aktionen wiedersehen werden, denn schließlich eint uns der gemeinsame Kampf gegen die Tierausbeutung! Denn eins ist klar: Das „Ende“ der Kampagne bedeutet mit Sicherheit keine Ruhe für die Tierausbeutungsindustrie – auch nicht für LPT! Es bedeutet auch nicht, dass LPT einfach unbehelligt weiter machen kann. Viele Augen werden weiterhin auf das Unternehmen gerichtet sein, offen sichtbar oder auch im Versteckten. Und: Die Tage der Tierversuchsindustrie sind gezählt. Wir freuen uns schon auf den letzten Countdown! 10… 9… 8…

Wir nehmen nun also Abschied von der Kampagne, um unsere Arbeit an einer anderen Stelle weiterzuführen. Es gibt noch viel zu tun und wir werden nicht locker lassen, ehe kein Tier mehr ausgebeutet, gefangen gehalten oder ermordet wird! Packen wir es an!

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